Plusenergiehaus in Berlin

PV-Anlagen auf Dach und Fassade liefern Strom für Wohnen und Fahren

Ein Gebäude, das mehr Energie erzeugt als es verbraucht: Das Effizienzhaus Plus zeigt, dass es möglich ist, Einfamilienhäuser zu bauen, die als kleine Kraftwerke funktionieren. Den Strom liefern Photovoltaik-Analgen, die nicht nur auf dem Dach, sondern auch an der Fassade (StoVentec ARTline Invisible) montiert sind. Diese erzeugen so viel Energie, dass das Forschungs- und Modellvorhaben auch eine Ladestation für Elektroautos versorgt. Der Nachhaltigkeitsgedanke blickt über das Ende der Nutzungshase hinaus – dann lässt sich das Gebäude komplett recyclen. Derzeit wohnt hier eine vierköpfigen Familie.

Durch die vollflächige Glasfassade ihres Wohnzimmers sehen Jörg Welke und Simone Wiechers hinaus in einen kleinen Garten, der von einem vierstöckigen Verwaltungsbau begrenzt wird. Wenn sie mit ihren Kindern das Gebäude auf der Eingangsseite verlassen, stehen sie vor der Berliner Universität der Künste. Schon allein die Lage verrät, dass es sich bei dem temporären Zuhause der Familie nicht um ein normales Wohnhaus handelt: Sie wohnt im Effizienzhaus Plus, einem Bau, der im Rahmen der Initiative „Zukunft Bau“ vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung errichtet wurde. Der Entwurf für das Forschungs- und Modellvorhaben stammt von einer Arbeitsgemeinschaft des Instituts für Leichtbau, Entwerfen und Konstruieren (ILEK) der Universität Stuttgart mit dem Büro von Werner Sobek. Ziel war es zum einen, ein Haus zu errichten, das über das Jahr mehr Energie produziert als es verbraucht. Zum anderen sollte der Entwurf das Potenzial aufzeigen, welches aus der Verknüpfung von Elektromobilität und energieeffizientem Bauen erwächst: Mit dem Energieüberschuss wird unter anderem ein Elektroauto angetrieben. In einer Prognose liegt der Strombedarf des Hauses samt Ladestation bei etwa 15.400 kWh/a, während der Stromertrag der 16.630 kWh/a betragen soll.

Um diese Werte zu überprüfen, suchte das Ministerium eine vierköpfige Familie als Testbewohner. Noch bis Juli 2013 werden sie in dem etwa 135 Quadratmeter großen Haus wohnen. Dass ihr Zuhause einem Präsentierteller gleicht, wird schon auf der Eingangsseite klar: Als eine Art Schaufenster dient diese dazu, die für den Betrieb des Hauses relevanten technischen Komponenten nach außen ablesbar zu machen. Nicht nur auf dem Dach wird Sonnenlicht in elektrische Energie verwandelt: Die komplette Südwestfassade besteht aus Dünnschicht-Photovoltaik-Modulen, montiert als vorgehängtes hinterlüftetes Fassadensystem mit nicht sichtbarer Befestigung (StoVentec ARTline Invisible). Um ein einheitliches Erscheinungsbild zu erreichen, ließen die Planer auf der Nordostseite das ebenfalls nicht sichtbar befestigte, vorgehängte hinterlüftete Fassadensystem (StoVentec Glass) mit opaken, schwarzen Glaspaneelen verbauen. Die Eingangs- und Gartenseite prägen transparente Fassaden mit Dreifach-Isolierverglasung. Die vom Haus erzeugte Energie wird unter anderem für die Beleuchtung und den Betrieb der Haushaltsgeräte verwendet, eine Wärmepumpe sorgt für die Erwärmung der Heizung und des Brauchwassers. Doch das Gebäude überzeugt nicht nur durch seine Haustechnik, es ist auch nachhaltig konstruiert: Nach Ende der Testphase kann es abgebaut und an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden, am Ende seiner Nutzungszeit lässt es sich vollständig recyclen.

 


 

Bautafel

Bauherr:
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Berlin

Architekt:
Werner Sobek, Stuttgart

Standort:
Fasanenstraße, Berlin

Sto-Kompetenzen:
Vorgehängtes hinterlüftetes Photovoltaik-Fassadensystem (StoVentec ARTline Invisible)

Fachhandwerker:
Projekt Holzbau Erkle, Bissingen unter Teck

 


 

Der Eingangsbereich ist zugleich Schaufenster und Tankstelle. Aufgrund seines ungewöhnlichen Erscheinungsbildes zieht das Haus die Blicke der Passanten auf sich.

Foto: Matthias Koslik, Berlin / Sto AG

Die Fassade ist mit Dünnschicht-Photovoltaik-Modulen verkleidet. Sie trägt einen erheblichen Teil zum kalkulierten Stromertrag von rund 16.630 kWh/a bei

Foto: Matthias Koslik, Berlin / Sto AG

Ein Gebäudeautomationssystem bereitet alle gemessenen Daten zentral auf und stellt sie für ein offen programmierbares System zur Verfügung.

Foto: Ulrich Schwarz, Berlin, / Sto AG

Blick auf den Eingangsbereich des Hauses, das bis Juli 2013 getestet wird.

Foto: Ulrich Schwarz, Berlin, / Sto AG

Das Elektroauto wird über ein Induktionsfeld vor der Straßenfassade betankt.

Foto: Ulrich Schwarz, Berlin, / Sto AG

 


 

Abdruck honorarfrei, Belegexemplar erbeten